Sitten und Bräuche, Dr. Adolf Hauffen, 1895

Bedeutung der Volksbräuche Dreikönigstag Taufbräuche
Weihnachtsabend Fasching Taufnamen
Mette Aschermittwoch Hochzeit
Erforschung der Zukunft in der Weihnachtszeit Palmsonntag Leichenfeierlichkeiten
Tag der Unschuldigen Kinder Charwoche Hexenwahn
Silvester Sonnwendfeier Waldfrauen, Riesen
Johannissegen

Johanneslieder

Bilchmännchen
Weihnachtslied Martin, Nikolaus, Kirchweihfeste Teufel
Neujahrstag Erntebräuche Rechtsbräuche



Aus dem Gottscheer Kochbuch, Prof. Horst Krauland, Erwin Michitsch, 1993

Ein Brauch am "Himmltokh" - Fronleichnamsbrauch







Bedeutung der Volksbräuche



Ein Volksstamm, der abseits von der Heeresstraße haust, wird sich am ehesten seine alte Volkspoesie rein und ungemindert bewahren und in Sprachinseln, wo Sprache und Sitte der Väter unter Drangsal und Kämpfen erhalten werden, finden wir gerade ein gesteigertes nationales Leben, das zäheste Festhalten an dem altererbten volksthümlichen Schatze. So bei den Siebenbürger Sachsen, so bei den Gottscheern, die reich an Volksliedern und Sagen sind. Zur Volkspoesie gehören auch die festlichen Gebräuche. Der poetische Sinn hat sie in uralten Zeiten geschaffen und sie sind mit dem inneren Wesen des Volkes verwachsen und alle die Jahrhunderte hindurch nicht aufgegeben worden, weil sie, für den Landmann insbesonders, die einzigen Blumenkränze der Freude sind, mit denen er sein mühseliges und schwerbeladenes Erdendasein umflicht. Sie dienen ihm zur vorübergehenden Befreiung von der grauen Alltagssorge und dort, wo sie mit kirchlichen Handlungen vereinigt sind, zur feierlichen Erbauung. Der Ackerbauer, dessen Wohl und Wehe so innig mit den Erscheinungen der Natur verknüpft ist, hat auch seine Bräuche an diese gebunden. Den meisten Sitten, die noch aus altheidnischer Zeit stammen, lag ursprünglich eine tiefe sinnbildliche Bedeutung zugrunde. Doch sie ist oft vergessen worden, die Handlung ist allein geblieben und dann zu leerem Aberglauben herabgesunken.



Osterfeuer


Das Wanderleben der Gottscheer Männer musste natürlich in den starken Wall der volksthümlichen Überlieferungen früh Bresche legen. Die Männer kamen mit neuen Anschauungen aus der Fremde heim, sie schämten sich ihrer als altväterisch betrachteten Bräuche und vergaßen ihre alten Lieder und Sagen. Ihnen stehen die conservativer denkenden Frauen gegenüber, die den Volksschatz als besten Tröster in den bangen Stunden der Einsamkeit sich bewahrt haben. Lieder und Sagen nun können lange fortleben, wenn sie nur von einzelnen Frauen im stillen Herzen festgehalten werden. Festliche Bräuche aber verlangen eine gemeinsame Theilnahme des ganzen Dorfes, auch der Männer; sie müssen geräuschvoll nach außen treten, um nicht vergessen zu werden. Begreiflich ist es darum, dass sich gerade in Gottschee die Sitten und Bräuche nicht in dem reichen Maße und so eigenartig erhalten haben, wie die Volkslieder, und dass sie sich auch vielfach mit den ebenfalls äußerlich auffallenden Bräuchen der Slowenen (die ihrerseits viel von den deutschen Steirern und Kärntnern überkommen haben) berühren.

In dem nördlichen, dem Verkehre stärker ausgesetzten Theile der Sprachinsel sind die Bräuche fast ganz vergessen worden, besser wurden sie (in Einzelheiten von einander abweichend) im Hinterland und im Unterland bewahrt. Die meisten schließen sich an die kirchlichen Feste an und sind in den allgemeinen Grundzügen den überall in Deutschland verbreiteten Bräuchen gleich. (Was ich in diesem Capitel bringe, verdanke ich mündlichen Mittheilungen der Herren Tschinkel, Perz, Pfarrer Krainer in Altlaag, meines Bruders Josef Hauffen u. a., ferner einzelnen gedruckten Berichten von Obergföll und Perz in den "Gottscheer Mittheilungen" und eigener Erkundigung und Anschauung im Lande
selbst).

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Weihnachtsabend

Nicht immer giengen heidnischer Brauch und christliche Anschauung eine so schöne Verbindung ein, wie bei unserem Weihnachtsfest, oft ist die Mischung nur äußerlich oder eine Art Ausgleich, oft recht seltsam und ungereimt, und noch heute (wie in den ersten Jahrhunderten der Bekehrung) sieht sich die Geistlichkeit auch in Gottschee genöthigt, den Ausschreitungen der Lustbarkeit, besonders in den Faschingstagen, kräftig entgegenzutreten.

Die schöne Sitte des Christbaumes kennt der Gottscheer, wie der Krainer überhaupt, nicht. Sie ist nur langsam nach dem Süden vorgedrungen und z. B. bei den deutschen Bürgern Laibachs erst vor etwa fünfundzwanzig Jahren eingeführt worden. Im übrigen aber übt der Gottscheer Landmann gerade in der Weihnachtszeit die meisten alten festlichen oder abergläubischen Bräuche. Das alte heidnische Fest der Wintersonnenwende währte zwölf Nächte. In dieser heiligsten Zeit des Jahres hielten die Götter ihren Umzug über die Erde, sie wurden in der christlichen Zeit zu Geistern und Unholden, die gerade von Weihnachten bis Dreikönig (da hailign zbelf nachta) sich gefahrdrohend den menschlichen Ansiedlungen nähern und darum durch mannigfaltige besondere Schutzmaßregeln fern gehalten und unschädlich gemacht werden müssen.

An den heiligen drei bainochtnachtn (Weihnachtsabend, Silvester und Vorabend des Dreikönigsfestes) wird in Gottschee der Tisch vor dem mit der Krippe gezierten Hausaltar mit einem weißen Tuche bedeckt. Darauf werden drei oder mehrere feine Weißbrote gelegt. Die kleineren heißen Wächter (bochtra) und Nachbarn (nochparn), das größte shiplink (wohl von Sippe, Schröer vermuthet von mhd. sip, also ein siebgroßes Brot). Der shiplink ist mit allerlei aus Teig gebackenen Figuren, selbst
dem Christkind in der Wiege, Tauben, Hühnern, Rindern, Schweinen und einem geflochtenen Rande versehen. Am Dreikönigstage wird er erst angeschnitten und an die Hausgenossen vertheilt, auch die Thiere erhalten Stückchen davon ins Futter gemengt, damit sie vor Behexung gefeit bleiben. (Bei den Slowenen in Krain ist die gleiche Sitte vorhanden, vgl. Julius Schmidt, Der Perchtenglaube bei den Slowenen in Veckenstedts Zeitschrift für Volkskunde, 1889).

Wer auf Reisen geht, nimmt zum Schutze ein Schiplinktäubchen mit. Zugleich mit dem shiplink werden auch größere Täubchen aus Teig gebacken, zur Freude der Kinder, die sie jubelnd den Nachbarn zeigen und dabei Sprüchlein aufsagen, wie: "Taube, Taube, flieg hinaus und bring viel Glück ins Haus!" oder "Taube, Taube, flieg, in mein muga (Magen). Neben die Brote werden an den drei heiligen Abenden auf den gedeckten Tisch Kleider, Schmucksachen, Rosenkränze, Gebetbücher, geweihte Kerzen, Messer, Hacken, Sicheln, Kupfermünzen, Schweinsborsten (dunkle Erinnerung an den goldborstigen Eber Freyrs),(Vgl. Grimm, Mythologie, 4, 176), und unter den Tisch ein Milcheimer, ein Pflug, ein Ochsenjoch, Sensen u. s. w. gelegt. Alle diese Gegenstände werden dadurch geweiht und wer später etwas davon bei sich trägt, über den haben die Hexen keine Macht.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Mette


Um Haus und Hof vor den Unholden zu schützen, werden an den drei Abenden auch alle Kammern und Ställe, Acker und Wiesen mit Weihwasser besprengt. An die Weihnachtsmette schließen sich eine Reihe von abergläubischen Anschauungen an. Wenn der Messner sein Kleid verkehrt anzieht, so sieht er die Hexen, wie sie aus der Kirche fliehen und gegen den Altar Gesichter schneiden. Der Priester erkennt während der Mette beim Erheben der Monstranze durch sie hindurch die Hexen und der Ministrant erblickt sie, wenn er gegen den Kirchthurm hinaufschaut. Wer genau um Mitternacht sich auf einem aus dreizehnerlei heimischen Holzarten (auch Eibenholz muss dabei sein) gezimmerten Schemel stellt, der erkennt alle Hexen. Er muss aber vor dem Ende des Gottesdienstes den Schemel zur Kirche hinauswerfen, dreimal um diese herum und wieder hineinlaufen, sonst wird er von ihnen zerrissen. (Fast ebenso bei den Slowenen, vgl. Julius Schmidt a. a. O., 423; Navratil, Letopis, 1885, 169; Krauß, Südslawische Hexensagen, 38 f ). Nach der Mette versammeln sich alle Verstorbenen der betreffenden Pfarre in der Kirche zu einem Armenseelen-Gottesdienst, wobei ein verstorbener Priester die Messe liest. Dieser kann erlöst werden, wenn man das Messbuch zuschlägt. (Alle diese Anschauungen finden wir auch in Tirol vgl. Zingerle, Nr. 566-568, 1578-1581, 1555 f. Vgl. auch Müllenhoff, 170).

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Erforschung der Zukunft in der Weihnachtszeit


Sieht man in der Christnacht (oder in der Thomasnacht) um zwölf Uhr im Freien ein Feuer brennen, so liegt darunter ein Schatz. Um ihn zu heben, muss man, ein Vaterunser betend, nach rückwärts hinken, um das Feuer einen Kreis ziehen, einen Rosenkranz hineinwerfen und die ganze Stelle mit Weihwasser besprengen. Wer am Christtag auf die Jagd geht, dem begegnet, wie den Heiligen Eustachius und Hubert, ein Hirsch mit einem Kreuz in dem Gehörne und er muss eiligst heimkehren. Oder es kommt die wilde Jagd (gajaj), die man in Gottschee, wie anderwärts in deutschen Landschaften, zur Weihnachtszeit am häufigsten zu vernehmen meint. Wer sich vor der wilden Jagd retten will, der muss sich platt auf die Erde legen, das Gesicht gegen den Boden gekehrt, Hände und Füße übers Kreuz legen, sonst dreht ihm der Teufel den Hals um.

Die Zwölfnächte sind auch die eigentliche Zeit, um die Zukunft zu erforschen. In Nesselthal und einzelnen anderen Orten wird von den jungen Leuten Blei gegossen, während die älteren aus den merkwürdigen Formen des Bleies Schlüsse auf das künftige Schicksal ziehen. Vor und während der Mette geht man an Zäune, Kreuzwege u. s. w. horchen (lishn): hört man Singen oder Musik, so gibts bald Hochzeit im Hause, vernimmt man Weinen oder Klagen so stirbt ein Verwandter. Dabei muss sich der Horcher mäuschenstill verhalten und darf kein Metall bei sich haben.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Silvester


Am Weihnachts- oder Silvesterabend bläst man eine brennende geweihte Kerze aus und bestimmt die Lebenszeit aus der Dauer des Glimmens, oder man wirft einen Schuh über den Kopf: fällt er auf die Sohle, so ist's ein gutes, fällt er umgekehrt, so ist's ein schlechtes Anzeichen, zeigt er mit der Spitze zur Thür, so deutet dies auf eine Hochzeit, nach anderen Auslegungen auf eine Reise oder einen Todesfall.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Tag der Unschuldigen Kinder


In der Mitternacht auf den Stephanitag bespricht sich das Vieh im Stalle über sein bevorstehendes Schicksal; wer, ohne es zu wissen, Farnkrautsamen in den Schuhen trägt, hört es sprechen. Am Tage der Unschuldigen Kinder ziehen mit zierlich geflochtenen Ruthen die Kinder von Haus zu Haus pishn, (kärntisch plisnan, pisnen (Lexer, 82 und Österreich.-ungarische Monarchie, 101.), d. h. schlagen die Erwachsenen damit, wobei sie verschiedene Sprüchlein aufsagen:


Pishn di, pishn di
Wrisch unt gashunt
's lample ischt kronk,
Marsch untr d'ponk.


oder:


Laschka, laschka (auch Leaschti, leaschti) - (lautmalend, für das Geräusch beim Schlagen)
Wrisch unt gashunt,
Ins juar um dai zait
Taushnt guldn raichar bart. (Dass ihr aufs Jahr in der Zeit Um tausend Gulden reicher wäret.)


Und ähnliche Reime, wofür sie Nüsse, Äpfel oder Geld erhalten. (Vgl. Schröer, 218. Der Brauch ist auch in Krain und Kärnten allgemein üblich. In Laibach rufen die Kinder dabei: "Frisch und g'sund, ein langes Leben und den Kindern Putizen geben." Putize ist die krainische Weihnachts- und Ostermehlspeise. In Kärnten: "Frisch und g'sund, freudenreich, Long löbm, G'sund bleiben, Mir a wos göbm." (Carinthia, I, 81, 24). An diesem Tage und zu Silvester gehen die Kinder (in Lichtenbach) nachmittags von der Kirche durchs Dorf
auf die Felder bis zu einer Kapelle. Ein Kind trägt das Kreuz, ein anderes den Weihbrunnkessel, alle beten laut und besprengen Häuser und Äcker mit Weihwasser.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Johannissegen


Am Tage Johannis des Evangelisten (27. December), trinkt man am Abende den Johannessegen oder Johanneswein (Hanaischshehn) und wünscht sich gegenseitig Glück. Der Rest des Weines wird aufbewahrt als Heilmittel gegen Krankheiten, besonders gegen Leibschmerzen. Der Gottscheer trinkt auch sonst vor einer Reise, nach der Trauung, vor dem Sterben, nach fröhlichem Beisammensein zum Abschiede "den Johannessegen", das letzte Glas Wein. Dieser Brauch ist ja auch in Deutschland bekannt in dem Sinne, dass der von Johannes geweihte Trunk Gefahren abwehre, da der Evangelist selbst vergifteten Wein ohne Schaden getrunken habe. (Grimm, Mythologie, 4, 49 f. Zingerle in den Wiener Sitzungsberichten (1862), 40, 177-229, zeigt, dass dieser Brauch noch heute in Süddeutschland und Deutsch-Österreich üblich und uralt ist. Ein heidnischer Brauch, der christlich umgedeutet wurde).

Am Silvesterabende wird den Kindern gesagt, es komme dar auta mon und nun öffnet die Mutter oder eine ältere Magd die Thür der Kinderstube, ohne sich zu zeigen, mit dem Rufe:

Kindrlain, rindrlain, kizlain, lamplain, kaublain (Kälbchen), pißatai (bunte) laita, aß got dr hear aus gabait guat za geruatn (dass Gott alles gut gerathen lasse, nämlich im neuen Jahre). Dabei wirft sie in die Stube Nüsse und Äpfel, um die sich die Kinder balgen.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Weihnachtslied


In der Weihnachtszeit werden im Hause kirchliche hochdeutsche Weihnachtslieder gesungen. Früher waren auch besondere volksthümliche Weihnachtslieder in der Gottscheer Mundart verbreitet, von denen sich eines erhalten hat (unser Nr. 1). In rührender Einfachheit ertönt hier die Theilnahme am Christkindlein im "zerrissenen" Stalle, die Sorge, dass es nicht erfriere. Maria wäscht ihr Kind, Josef, der alte Mann, wiegt es, Ochs und Esel beschnauben es, um es zu erwärmen. Diese kindliche Treuherzigkeit finden wir auch in vielen anderen deutschen Weihnachtsliedern, in denen Hirten zur Krippe treten, des Christkindleins ärmliche Verhältnisse bedauern, ihm fürsorglich Windeln und Decken, seinen Eltern warme Speisen bringen und es dann mit Gesang und Hirtenpfeifen preisen und als Erlöser anbeten. Besonders einige Kärntnerlieder kommen unserem Weihnachtsliede sehr nahe. Auf die Weihnachtszeit beziehen sich ferner verschiedene Sprüchlein, z. B.:

Zun hailign drai bainochtnachtn
Kimt dr bintr mit ol shain knachtn.

oder mit Beziehung auf den Schneefall:

dar baißa jalon (ein Ochsenname) geat auf unt nidr an doarfa unt polt (wirft) in jedr cotl (Winkel) a hoarn.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Neujahrstag


Am Neujahrstage enthalten die Quellen nach der Volksmeinung Wein, Blut und Gold. Rührt man im Wasser mit einem Stocke herum, so bleibt das Gold daran haften. Aus diesem Wasser kann man auch Sauerteig (urhop, mhd. urhap) aufbacken, ohne dazu eines Gährungsstoffes zu bedürfen. Das Vieh wird schon vor Tagesanbruch zur Tränke getrieben, damit es vor Hexen und Raubthieren sicher bleibe. An diesem Tage wird das am Weihnachtsabende geweihte ritschoch (slow. ricet), ein Gemenge verschiedener Getreidekörner und Hülsenfrüchte, gekocht. Im Frühlinge säet man diese Kömer in die Felder, damit alles gut gerathe. Die Mägde holen zu Neujahr zeitlich das Holz armvoll ein, ohne die Scheiter zu zählen. Ist deren Zahl gerade, so heiratet das Mädchen in dem angebrochenen Jahre. In einem kurzen, gereimten Neujahrswunsche (vgl. unten Lied Nr. 102) wird dem Angeredeten der Getreidekasten voll Korn, der Stall voll Rinder, die Stube voll Kinder, ein Beutel voll Geld und eine steinreiche Braut gewünscht.

Ähnliche Neujahrssprüche sind allgemein üblich, bei den Siebenbürger Sachsen gar mit wörtlichen Anklängen. Zu Neujahr ist der Tag um ein hiandrgroitl (Hühnerschritt) länger, zu Dreikönig um einen hirischprunk (Hirschsprung). (Ähnlich in Tirol, Schwaben und Böhmen, vgl. Zingerle, Nr. 1159, Birlinger, 1, 470, und Reinsberg-Düringsfeld Festkalender aus Böhmen, 20).

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Dreikönigstag


Am Dreikönigstage werden auf die Thüren das Kreuzzeichen und die Anfangsbuchstaben der drei Könige C M B mit Kreide geschrieben. Das an diesem Tage geweihte Wasser feit gegen Schlangenbiss. Knaben mit Papierkronen u. s. w. angethan, ziehen als die drei Könige mit dem Sterne herum und singen das auch anderwärts bekannte Sternsingerlied (vgl. unten Nr. 42) in etwas verkürzter Gestalt. Natürlich sind die in Gottschee während der Zwölfnächte üblichen Bräuche und abergläubischen Anschauungen auch in anderen deutschen Gegenden mit kleineren oder größeren Unterschieden bekannt.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Fasching


Im Fasching (woschonk oder wishiguro) wird öfters, besonders an Sonntagen Nachmittag, öffentlich getanzt. Doch werden auch zu anderen (kirchlich erlaubten) Zeiten im Sommer und Winter Tanzunterhaltungen veranstaltet; früher auf einer Dreschtenne, jetzt meist im Wirtshause oder einem größeren Privathause, niemals im Freien. Während der ganzen Faschingszeit findet allabendlich (außer an Donnerstagen und Sonntagen) die praja, d. i. die Rockenstube statt. Nach dem Abendbrote kommt die junge Dorfwelt in der Stube eines größeren Bauern zusammen, und nun wird bis elf Uhr gesponnen, dazu gesungen und erzählt, hernach wird ganoraint (genarrt), bis nach Mitternacht gespielt und getanzt. Am Faschingssonntage (woistiga shuntok) werden diese Zusammenkünfte abgeschlossen mit einem Picknick (prajgeschta). Den ganzen Fasching über wird auch der Donnerstag Abend durch eine geschta, ein Abendbrot mit Fleisch und Wein, gefeiert. Die Reste werden bis zum Sonntage aufbewahrt. In den letzten Faschingstagen ziehen die jungen Leute in verschiedenen Vermummungen von Haus zu Haus, überall wird ihnen Wein vorgesetzt und in der Stube ein Tänzchen nach den Klängen der Mundharmonika veranstaltet. Auch der letzte Donnerstag hat den Beinamen feist und man sagt: dar woistiga finstok ischt woschongasch pruadr. Der Faschingmontag heißt wraßmantok. (Ebenfalls in Kärnten (Lexer, 50).

Am Faschingsdienstage (schaißartok) werden die Umzüge wohl auch zu Pferde in die benachbarten Dörfer ausgedehnt: Männer verkleiden sich als Mädchen und umgekehrt. Larven und komische Kleidungsstücke werden angethan und allerlei Späße ausgeführt. Dabei wird folgendes Faschingslied gesungen.


Wringrlongr woschonk
Ar loinat augn an own,
Mit shain dan ladrain hoshn,
Ar graet augn an trelain,
Ar polt in kindr zelain.
Wishiguro !
Woschonktok, woschonktok, kimat polda bidr,
Wertn pin i ibrik plibm,
Hair schon bidr.
Fingerlanger Fasching
Er lehnet oben am Ofen,
Mit seinen ledernen Hosen,
Er geht hinauf am Viehweg,
Er wirft auf die Kinder Koth.
Fasching !
Faschingtag, kommt bald wieder,
Im vorigen Jahr bin ich übrig geblieben,
Heuer schon wieder.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Aschermittwoch


Am Aschermittwoch (pranclmitoch, prancl = fasten) findet das Blockziehen und -werfen (plechle, pol) statt. Gegen Abend ziehen Bursche Bretter an Stricken mit großem Lärm durchs Dorf und werfen sie unbeliebten im Fasching sitzengebliebenen Mädchen aufs Haus. (Dieser Brauch ist auch in Kärnten und Krain verbreitet (Österr.-ungarische Monarchie, Kärnten und Krain, 104 und 376 f.). Zuweilen werden diesen Mädchen auch ausgestopfte Männerpuppen vor die Thürschwelle gelegt. Am gleichen Tage wird der "Fasching begraben". Gegen Abend versammelt sich die Dorfjugend mit Kuhglocken, Pferdeschellen, Topfdeckeln u. s. w. Einer ist als Geistlicher angethan mit einem langen Frauenhemde, andere als Ministranten. Sie schwingen ein Rauchfass mit verschiedenem Zeuge, das möglichst übelriechend brennt und besprengen die Leute aus ihrem Weihbrunnkessel mit einer schmutzigen Flüssigkeit.

Ein Strohmann, mit alten Kleidern und einem Cylinder angethan (der Fasching), wird von Burschen auf einer Bahre getragen. Am Dorfplatze hält der Geistliche die Leichenrede. Ein Bursche, der ein mit einem weißen Tuche verkleidetes Schaff auf dem Kopfe hat, stellt die Kanzel vor, dahinter steht der Geistliche auf einem Schemel und predigt über die Verworfenheit der Menschen mit derben Witzen und lebhaften Geberden, hochdeutsch oder in der Mundart. Dann zieht die ganze Gesellschaft ins Feld hinaus. Auf dem Wege werden Kirchengesänge parodiert, lateinische Brocken eingemengt u. s. w. Dabei singt man sehr häufig im Tonfalle ritueller Kirchengesänge ein Spottlied auf Martin Luther. Der Pseudo-Geistliche stimmt es an:


Chorknaben:
"Martin Luther geht mit seiner Gattin Vesper singen."
"Er greifet Ihr an die Zechelain" (Zehen).
Chor: "Zechelain, Vesper singen."

Und so weiter auf Waden, Knie, Mund, Augen, Stirne.


Auf dem Felde wird ein Scheiterhaufen errichtet und der Fasching unter Nachahmung der Begräbnis - Ceremonien daraufgelegt, dann mit Pistolen erschossen und verbrannt.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Palmsonntag


Am Palmsonntage (polshuntok) werden an dem kirchlichen Umzuge von den Kindern Zweige der frühen Weide (Salix praecox) getragen, sie sind mit den blühenden Kätzchen (muzalain) versehen, mit Epheu, seidenen pintpantlain und einer Papierrose (die von einer Hochzeit aufbewahrt wurde) geschmückt. Diese Palmenzweige werden das Jahr über daheim hinter den Heiligenbildern aufgehoben. Am Charfreitage schneidet man Theilchen davon in Kreuzform und befestigt sie auf die Stall- und Kellerthüren zum Schutz gegen die Hexen.



Palmsonntag


Da die alten Kreuzchen nicht weggenommen werden, so ist manche Thür wie besäet damit. Bei herannahenden Gewitterwolken werden einzelne dieser Weidenruthen in die Felder gesteckt, damit der Hagel ihnen nicht schaden könne. Diese Zweige gelten für heilig, darum müssen ihre Reste verbrannt werden. In einigen Gegenden Gottschees werden gegen das Hagelwetter am Charsamstage neben einer Kapelle drei von einer schwarzen Henne gelegte Eier vergraben.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Charwoche


In der Charwoche (dai groaßa bocha ) werden alle kirchlichen Feierlichkeiten mitgemacht. Am Charsamstag Nachmittag vor der Auferstehungsprocession fährt der Pfarrer in die Dörfer seines Sprengels und weiht in der Filialkirche oder in einer Kapelle die Esswaren, die die Leute in Körben dahinbringen: Weißbrot, urhobaina poboliza) (ein stark mit Hefe versetztes gewundenes Brot), Schinken, Würste, Krenwurzeln, lach (eine Art Lauch), gefärbte Eier u. a. Am Ostersonntage wird zum Frühstück eine Suppe aus woschonkrintlain, den Speiseresten des Faschingdienstags, gegessen. Am Ostermontag Nachmittag kommen die Kinder (Mädchen und Knaben gesondert) in einer Stube mit ihren Osterspeisen zusammen und feiern ein Verbrüderungsfest ('s tschel). Jedes Kind wählt sich einen Gesellen (tschel) und theilt mit ihm sein Essen, trinkt mit ihm Wein, spielt mit ihm Eierstoßen (oiarhokn), wozu die geweihten Eier nicht verwendet werden dürfen, u. a. mehr.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Sonnwendfeier


Vor den Pfingstfeiertagen ist in allen Häusern, sowie vor Weihnachten und Ostern große Reininigung. Das eigentliche Sommerfest wird am Vorabende des Tages Johannis des Täufers gefeiert, ein Rest der altheidnischen Sonnwendfeier. Die erhöhte Stimmung des Festes wird noch dadurch gesteigert, dass um diese Zeit die hausierenden Männer heimkommen. Am Nachmittage vor den shumitn (Sonnenwende) wird ein Maibaum (moile, eine junge Fichte oder Tanne) im Dorfe aufgerichtet, mit Bändern, Fähnchen und Kränzen geschmückt, um den ganzen Sommer über stehen zu bleiben. Am Abende findet die Johannisfeier (criaß, slow. kres, kroat. kries) statt. Die Jugend mehrerer benachbarter Dörfer begibt sich in der Dämmerung mit Musik auf eine Anhöhe, wo eine Pyramide von Holzscheitern und Reisig entzündet wird. Die Burschen springen um und über das Feuer und besorgen das schaibmschikn, d. h. sie werfen kreisrunde, mit Harz bestrichene Holzscheiben (shumitnradle, schaiba) oder cocarle), nachdem sie glühend gemacht wurden, in hohem Schwunge zu Thal. Da ringsum auf allen Höhen Johannisfeuer brennen und Hunderte von Scheiben geschleudert werden, so gibt das ein prächtiges Bild. Eine gemeinsame Mahlzeit mit Wein und Lammsbraten beschließt die frohe Feier. Mehr als zu anderen Zeiten wird beim criaßn die Sangeslust rege und besonders die Mädchen singen neben allerlei alten Volksliedern auch besondere shumitnliadlain.

Am Johannistage werden Sträuße aus Johanniskraut (hypericum perforatum, shumitnroasha), Pappelweiden und Wucherblumen an Fenster und Thüren gesteckt. Der Strauß enthält so viel Blüten, als das Haus Bewohner zählt. Wessen Blüte zuerst welkt, der stirbt zuerst.

Alle diese Sonnwendbräuche vom Maibaume bis zum Johannisstrauße sind über ganz Deutschland und andere germanische, romanische und slawische Länder verbreitet.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Johanneslieder


Auch Johannislieder geistlichen und weltlichen Inhaltes wurden und werden anderwärts gesungen, doch haben die drei Gottscheer shumitnliadlain (Nr. 35 u. 103 f.) einen eigenartigen von den übrigen abweichenden Inhalt. Sie zeichnen die allgemeine Stimmung und schildern das Treiben der einzelnen an diesem beliebten Volksfeste. Das erste betont die kirchliche Bedeutung des Tages als das Fest Johannis, der Christus im Jordan getauft hat. Es enthält freudige Ausrufe, doch zugleich den schmerzlichen Ausblick auf den Abschied, der dem eben heimgekehrten Mann für den Herbst wieder bevorsteht. Das zweite Lied besingt ein Liebesereignis. Ein junges Paar verbleibt die Nacht über beim Johannisfeuer. Wie sie ihn am Morgen weckt "Nun auf, die Vöglein singen schon" und er erwidert "So mögen sie singen, wie sie wollen", das erinnert sehr an das weit verbreitete Motiv der vielen volksthümlichen Tagelieder. Ergreifend ist das Bild am Schlusse:

"Mögen die Blumen blühen, meine und deine (zu ergänzen: Blume) ist heute verblühet."

Nähere Beziehungen der Liebespaare zum Sonnwendfeuer sind auch in den Alpen und anderwärts nachweisbar. Der Bursch legt (wie hier) zugleich mit seinem Mädchen das Feuer an den Holzstoß, springt mit ihr darüber u. s. w. (Mannhardt, Baumcultus, 464-470). Das dritte Lied schildert die Vorbereitungen zum Feste. Die jungen Leute ersuchen den shupon (slow. zupan, Schultheiß) um seinen Sohn und seine Töchter, um eine Hacke, um seine Ochsen und um Feuer, damit sie den erlaß begehen können. Mit ziemlich nichtssagenden Ausreden versagt ihnen der Schulze alle Bitten, ja sogar das Feuer (Brände oder Scheiter), was als ärgste Ungefälligkeit gilt. Er übt irgendeine abergläubische Vorsicht (deren am Johannistage so viele nöthig sind), weil seine Kühe verhext sind und keine Milch geben. Von dem Feste heißt der ganze Monat shumitnmuanot.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Martin, Nikolaus, Kirchweihfeste


Außer am 23. Juni werden in einzelnen Thälern auch an den Vorabenden des Vitustages und des Petrustages, also am 14. und 28. Juni, öffentliche Feuer entzündet: das sind die drei criaßnachta. (In Kärnten am 23., 28. Juni und 3. Juli (vor Ulrich), Zeitschrift für Mythologie, 3, 31). Auch am Martinsabende loderten früher die Flammen (um die Gegend vor Wetterschaden zu behüten) und Schmausereien währten die ganze Nacht durch. Jetzt gilt nur der Brauch, den man Mertlain lobm (loben) nennt, den Vorabend durch eine bessere Mahlzeit, ein fettes gefülltes Brathuhn (Gänse sind in Gottschee fast unbekannt) und reichlicheren Weingenuss zu feiern. Mehrere Lieder (Nr. 18 f.) beweisen es, dass man noch heute lebhaft des heiligen Martins gedenkt. Eine Schmauserei wird ferner im Herbste beim Abstechen des ersten Schweines veranstaltet, das Schweinefest, shautons (Sautanz) genannt.

Am Abende des 5. Decembers erscheint den Kindern der heilige Nikolaus (Mikla slow. Miklavz), doch nicht als Bischof und von einem Teufel und einem Engel begleitet, wie es sonst in Krain üblich ist, sondern als einzelne Person in schreckhafter Vermummung, also mehr als Knecht Ruprecht. Er lässt die Kinder beten, beschenkt die braven und steckt die schlechten in seinen Sack. Vor dem Schlafengehen stellt jedes Kind seinen Schuh ans Fenster und findet am Morgen Obst und Geldstücke darin.

Kirchweihfeste werden in Gottschee am Tage der Kirchenpatrone feierlich begangen. Sie sind Volksfeste der ganzen Pfarre. Da geht es meist hoch her mit Essen und Trinken, zuweilen auch mit Raufen. Wallfahrtsorte gibt es viele in der Sprachinsel. Auch zu den Gnadenorten der Nachbarschaft pilgern die Gottscheer, doch muss dies früher mehr üblich gewesen sein als heute, wie es die Wallfahrtslieder (Nr. 9, 20 u. a.) erweisen.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Erntebräuche


Erntebräuche gibt es in Gottschee nicht, die wenig ergiebige Landwirtschaft konnte sie nicht fördern oder erzeugen. Auf diesem Gebiete finden wir nur zahlreiche abergläubische Schutzmaßregeln gegen Wetterschäden. Mehrere wurden schon gelegentlich erwähnt. Im Frühling wird noch sonst manches zu dem Zwecke unternommen. Außer den Palmweiden werden auch andere Stöcke mit Blumen in die Felder gestellt, damit diese nicht wrmoint (vermeint, beschrien) (Das "Vermeinen" fürchtet man auch in Tirol, vgl. Zingerle, Nr. 1622, und in Kärnten, Zeitschrift für Mythologie, 4, 408 f.) werden. Gegen Gewitter werden auch Kreuzfeuer (kraizwaiar) an Kreuzwegen, gewöhnlich in der Mitte des Dorfes angezündet. Das Feuer sucht man durch Reiben eines Vorscheites unter einem Thürflügel zu gewinnen, fängt es mit einem Schwamme auf und zündet nun Wacholderreisig, Weidenzweige, Attich, Schuhflecke, Schweinemist und anderes damit an. Je übler das Feuer riecht, eine umso bessere Wirkung verspricht man sich davon. Soll dieses Kreuzfeuer auch gegen die Cholera helfen, so müssen die Weiber darüber springen (so geschah es noch im Cholerajahre 1855).

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Taufbräuche


Taufbräuche.Der Vater des neugebornen Kindes geht selbst aus, um den Pathen und die Pathin zu bitten. Er nimmt den Hut in die Hand und spricht: wolgn tat a bak, dai main isht intr da ponk gawol. ("Folgt ein wenig, die Meine ist unter die Bank gefallen", d. h. niedergekommen.) Die Taufpathen holen das Kind am bezeichneten Tage ab und fahren mit ihm zur Kirche. Dem ersten, dem sie begegnen, geben sie Brot, damit auch das Kind freigebig werde. Nach der Taufe findet ein kleines Frühstück statt und erst ein bis zwei Wochen später, sobald die Wöchnerin theilnehmen kann, der Taufschmaus (pfotrschoft). Der Vater gibt den Schmaus, die Gäste beschenken die Wöchnerin und das Kind. Die Taufpathen insbesondere schenken Hemdchen. Die Kinder werden, so heißt es, aus der Dorflache oder einem Brunnen geholt. Den Storch und seine gewichtige Bestimmung kennt man in Gottschee nicht.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Taufnamen


Die beliebtesten Taufnamen für Männer sind:
Hanshe, Matl (Matthias), daneben Andrle, Tone (Anton), Bartl (Bartholomäus), Gore (Gregor), Jacl, Joshe, Jure (Georg, slow. Jurij), Luc (Lukas), Mart (Martin), Mrosch (Ambrosius), Michl, Pale (Paul), Peatr, Stefon;

für Frauen:
Mine (Maria), so heißt vielleicht jede dritte Gottscheerin, dann Elshe, Geare (Gertrud), Greate, Cate, Leane (Helene), Neashe (Agnes, slow. Neza), Purga (Nothburga), Ursche, Barwro (Barbara). Neben diesen häufigsten Formen gibt es auch längere Bildungen wie: Gerate, Catiza, Moleanschizle (Magdalena) u. s. w.

Des Namens- und Geburtstages gedenkt man im Kreise der Familie. Der Gefeierte wird mit einem Band oder einer Schnur gebunden und so lange gebunden gehalten, bis der Glückwunsch der Angehörigen beendigt ist.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Hochzeit


Die höchste Feier im Leben des Einzelnen ist die Hochzeit, die in Gottschee überaus reich an poetischen Bräuchen, Liedern und Sprüchen ist. Im siebzehnten Jahrhundert hat bereits Valvasor eine kurze Darstellung der Gottscheer Hochzeit entworfen.(Valvasor, 2, 301.) Am Anfange dieses Jahrhunderts spielte sich noch der ganze unten geschilderte Vorgang ab,(Hacquet, 89.) auch heute haben sich, besonders in abgelegenen Thälern, viele dieser Bräuche und alle Hochzeitslieder erhalten. Früher heiratete man in sehr jungen Jahren: die Mädchen mit dreizehn, vierzehn, die Burschen schon mit achtzehn Jahren, zum Theil auch deshalb, um so vom Militärdienste loszukommen. Jetzt heiratet man selten vor dem zwanzigsten, beziehungsweise vierundzwanzigsten Lebensjahre. In den besitzlosen Kreisen werden meist Liebesheiraten geschlossen. Der Bursche heiratet, sobald er kann, das Mädchen, mit dem er schon länger in einem innigen Verhältnis lebt.

Bei den vermögenden Bauern aber, und das ist überall so, vereinbaren gewöhnlich die Eltern nach Erwägung der beiderseitigen Vermögensverhältnisse die Verbindung ihrer Kinder. Hat der Vater eines volljährigen Burschen ein tüchtiges Mädchen aus einer gleichgestellten Familie kennen gelernt, so sendet er zur ersten Anfrage irgendeine ältere Frau, auch eine Bettlerin oder einen Bettler, hin. Dann erst geht der Vater mit dem Sohne werben. Ist die Zusage gegeben, so erfolgt die eigentliche feierliche Werbung durch fünf Männer (barwara, barwarlain). Die Braut erwartet die Werber gewöhnlich an der Line, versteckt sich hernach am Boden und muss gesucht werden. Dann wird alles genau wegen der Mitgift ausgemacht. Zum Zeichen der Verlobung geben sich die Brautleute Handschlag und Kuss, und als Darangabe: er ihr einen Thaler, sie ihm ein hidrle (Halstuch). Einer der Werber verkündet durch einen Jauchzer zum Fenster hinaus der Nachbarschaft die stattgehabte Verlobung.

Wenige Wochen danach erfolgt gewöhnlich schon die Hochzeit. Im Sommer, wo die meisten Männer daheim sind, werden auch in der Regel die Hochzeiten (hoachzait, die kirchliche Trauung insbesondere heißt kona)gefeiert, gewöhnlich an einem Sonntag, Montag oder Dienstag. Am Donnerstag vorher oder am Vorabend erscheinen die Freundinnen bei der Braut und helfen ihr beim kranzlain pintn. Auch der Bräutigam mit seinen Freunden kommt (ehemals stets zu Pferde) dazu. Nun werden für die Brautleute Kränze und für die anwesenden beiderseitigen Gespielen Sträußchen (peschlain) gebunden, die zugleich als Einladung zur Hochzeit gelten. Dazu wird nun das Lied beim Kranzbinden gesungen (Nr. 105), worin neckisch und wehmüthig zugleich der Verlust der Jungfrauschaft beklagt wird. "Es ist heut eine Jungfrau fröhlich gewesen, fröhlich wird sie nimmermehr. Fröhlich kann sie wohl noch werden, aber Jungfrau nimmermehr u. s. w." Solche Lieder, in denen die Freundinnen das Ende der schönen Mädchentage betrauern, kennt man überall.

Am Hochzeitsmorgen erscheint der Bräutigam mit seinen Freunden vor dem Hause der Braut. Er hatte in früheren Zeiten die alte Tracht an, später neben den in hohen Stiefeln steckenden Leinenhosen einen schwarzen Frack und einen Cylinder mit einem rothen Band, jetzt einen dunklen städtischen Anzug und natürlich ein Sträußchen im Knopfloch. Die Hauptperson neben ihm ist der staraschinar (slowenisch starasina, Ältester), der Hochzeitsbitter. Er hat die Gäste (am Donnerstag vorher) zu laden, alle Vorbereitungen zu treffen, beim Mahl auszutheilen u. s. w. Gewöhnlich ist es ein in den besten Jahren stehender naher Verwandter oder Freund des Bräutigams. Sein Abzeichen ist eine schwarze Sammtmütze. An dem Hause der Braut finden die Männer die Thür verschlossen.

Der Staraschinar ruft nun: "gabat insch außar inshr dai scheana praut", (gebt uns heraus unsere schöne Braut).

Der Brautvater ruft: "Hier ist sie"

und sendet die Brautführerin (wiararin) hinaus. Mit dieser muss der Bräutigam dreimal auf dem Straßenplatz vor dem Hause tanzen. Nach erneuerten Bitten sendet der Brautvater eine Kranzeljungfrau hinaus. Sie hat einen Teigring (toigain paga) auf dem Kopf. Mit ihr muss ein Bruder oder Freund des Bräutigams tanzen. Endlich erscheint die Braut und überreicht dem Bräutigam einen Krug Wein, er trinkt davon, lässt sie trinken, wirft dann den Krug zu Boden, so dass er zerbricht; danach tanzen sie miteinander. Die Braut hat die heimische Tracht an, doch von feinem, weißem Linnen, reich gestickt und eine Joppe von schwarzer Farbe, die nur bei der Trauung getragen wird. Nur reichere Frauen besitzen eine solche Joppe, die ärmeren leihen sie sich aus. Auf dem Haupte trägt die Braut einen Kranz, reich mit Perlen, Gold und Bändern gestickt, mit falschen rothen Zöpfen (rugl) und einem weißen Schleier versehen. Das Tragen des Kranzes ist natürlich nur Jungf
rauen gestattet. In der Tasche hat die Braut einen Zwirnfaden und Geld, damit es ihr nie an Flachs und Geld fehlen möge, ferner Getreidekörner, damit die Feldfrüchte gut gerathen.

Nun bewegt sich der Zug zur Kirche. Die Musikanten gehen voran, zwei Lustigmacher (pojazl, Bajazzo) in bunten Kleidern mit rothen Fahnen tummeln sich zu Pferd oder zu Fuß um den Zug herum und führen allerlei Spässe aus. Ist die Braut unbeliebt, so hängen Burschen auf dem Wege zur Kirche an einen Baum ein Strohweib auf. Zuweilen wird die Braut zum Scherz geraubt und der Bräutigam muss sie erst den kecken Burschen abgewinnen. Von einem ernsten Brautraub aus Göttenitz erzählen uns Valvasor und eine noch heute lebende Sage. Bei der Trauung in der Kirche lässt die Braut unvermerkt einen Apfel fallen und nach rückwärts rollen, damit sie leicht gebäre (otr coclt dos a gearn, bues nochkimat). Nach der Trauung schwang sich die Braut ehedem zum Bräutigam aufs Pferd und trank mit ihm einen Krug Wein, den sie danach über den Kopf zu Boden warf. Jetzt fährt man in Wagen zum Hause des Bräutigams. Auf dem Wege dahin wird der Zug, falls fremde Dörfer zu passieren sind, durch rasch errichtete Mauthschranken aufgehalten und erst nach Austheilung von Geld oder Brot weitergelassen. Außerdem werden verschiedene Scherze getrieben, z. B. eine weibliche Strohpuppe auf den Vordertheil eines Wagens gesetzt und in eiligem Lauf fortgeführt, die Musikanten müssen nachrennen und das Strohweib (baba) zu zerreißen trachten.

Vor dem Haus des Bräutigams werden längere scherzhafte Verhandlungen gepflogen und die Braut wird erst eingelassen, sobald sie auf alle gestellten Bedingungen eingegangen ist. Zur Begrüßung reichte ihr ehedem die Schwieger einen Krug Wein, nachdem sie einen Ducaten hineingeworfen hatte. Im Hause des Bräutigams oder der Brauteltern, öfter im Gasthause findet der Hochzeitsschmaus statt. Der staraschinar ordnet
alles an, die Musikanten sorgen für die Unterhaltung. Unter anderem singen sie das Geigerlied (Nr. 107), worin sie den Hochzeitbitter auffordern, auch ihnen Speisen zu reichen, Hühnerkragen und Hühnerbrust, ein Stück vom Schöpsen, Fülle u. s. w. Im Liede werden die Namen einzelner Geiger und im Reim darauf bestimmte Speisen genannt. Die Geiger drohen, wenn sie nichts bekommen sollten, der Braut einen Stoß zu versetzen oder sie auf den Dachboden zu führen.

Nach der Absingung dieses Liedes kommt ein Geiger mit zwei umgekehrten Gläsern zum Staraschinar und sagt:
"Biar hubm gaheart, aß iar nisch mear bain hot (dass ihr keinen Wein mehr habt), aiar kuchl ischt ausgaprun (aus-gebrannt), air waßle (Fässchen) ischt ausgerun. Biar hubm obr noch a puar taushnt empr (Eimer), wrlaicht kafat iar insch bos ub (vielleicht kauft ihr uns was ab)."

Und nun fangen sie an, im Scherze miteinander zu handeln, bis sich der Staraschinar bereit erklärt, für die Musikanten zu sammeln. Hernach kommt das barfm (werfen) oder schtekn an die Reihe, d. h. der Staraschinar nimmt ein ausgehöhltes Brot oder einen Kuchen und steckt einen Blumenstrauß hinein. Nun sagt er zu den Versammelten, er wolle einen Baum pflanzen und brauche dazu Erde, Dünger, einen Pfahl u. s. w. An Stelle dieser Gegenstände geben nun alle Gäste für das Brautpaar Geldgeschenke, die sie in das Brot "stecken" oder auf den Teller "werfen". Dazu wird das Lied Nr. 108 gesungen:

"Herbei, herbei Bräutigams Vater! Er wird sich nicht grämen, einen Thaler dran zu wenden. Je mehr er geben wird, desto lieber werden wir es sehen."

Dann werden die Schwieger, die Schwägerinnen, die Freunde u. s. w. im Liede herbeigerufen. Gibt jemand zu wenig, so singen alle:

"Er hat noch einen gekrümmten Finger (er hält noch etwas in der Hand), gebt ihm zu trinken."

Nach der Gabe wird vom jungen Paare eine Dankstrophe gesungen: "Bis die Zeit kommt, werden wir es Euch erstatten".

Die gleiche Sitte und ganz ähnliche Lieder dazu haben auch die Slowenen. (Blasnik 1, 3. "Le sem, le sem hisni oce, Ino tudi hisna mati, Le sem se pomikajte, V jabelko potikajte. Le sem, le sem brat in sestra, K zivljenju pomagajte, Ino tudi radi dajte," etc. . . und 3, 57 u. a. "Sdaj pa oce starasina, dajtce vsacemu kozarc vina" etc... "Kaj se boste pogledvali, Ki bi rad nec ne dali . . .")
Die kleinen Kinder des Hauses kriechen unter den Tisch und streicheln die Füße der Brautleute, um Leckerbissen zu erhalten. Beim Mahle singen die Gäste das Lied Nr. 110:
"Küss' mich, schöne weiße Taube, du bist mein und ich bin dein", wobei sich die Brautleute unter allgegemeinem zustimmenden Lachen küssen. Zum Schlusse der Mahlzeit wird der Braut Kranz und Schleier abgenommen unter Absingung des Abschiedsliedes Nr. 109:

Die Biene (d. i. die Braut) fliegt auf den hohen Berg, um in des Vaters Land zu sehen. "Um den Vater traure ich. Vater, steht meine Rose noch? Die Rose steht noch, das Blümchen ist umgefallen, dein Bräutigam hat sie gefallet."

Das Lied wird wiederholt und für Vater auch Mutter, Bruder, Schwester, Freundschaft eingesetzt. Die Braut aber muss dabei, wenn sie nicht Tadel treffen soll, in heftiges Schluchzen verfallen. Auch hochdeutsche Lieder werden bei der Trauung gesungen, z.B. das auch sonst bekannte (vgl.Erk, Nr. 543) Lied:


1. Es blühen Rosen, es blühen Nelken,
Es blüht ein Blümelein, Vergissmeinnicht.
Ich sag' es noch einmal: Schön ist die Jugendzeit,
Schön ist die Jugend, sie kommt nicht mehr.
Sie kommt, sie kommt nicht mehr,
Sie ist beim Militär,
Schön ist die Jugend, sie kommt nicht mehr.

2. Ich lieb' ein Mädchen zum Zeitvertreibe,
Zum Zeitvertreibe liebt das Mädchen mich,
Drum sag' ich noch einmal: Schön ist die Jugendzeit u. s. w.

3. Es wächst ein Weinstock, ein Stock mit Rebelein,
Aus diesen Rebelein, da wächst ein guter Wein,
Drum sag' ich noch einmal: Schön ist die Jugendzeit u. s. w.


Von der Decke herab hieng früher über den Brautleuten ein Teigring, der die Unauflöslichkeit der Ehe andeuten sollte. Sah die Braut zu klein und zu jung aus, so gab man ihr einige Decken auf den Stuhl. In einem Nebenzimmer tafelt das Gesinde und die Lustigmacher.

Findet das Mahl im Hause der Brauteltern statt, so nimmt die Braut erst danach in einem ergreifenden Liede Abschied (Nr. 106): "So behüt' Euch Gott, Mutter, liebe mein, ich seh' Euch heut und nimmermehr." Sie will noch einmal in den Schrank der Mutter, um sich einzelne Kleidungsstücke zu holen, doch die Mutter hindert sie daran. Dadurch wird angedeutet, dass sie jetzt ihren eigenen Schrank, ihr eigenes Heim habe. In ähnlichen Liedern verabschiedet sie sich von dem Vater und den Geschwistern, wobei reichliche Thränen vergossen werden. Auch diese Scheidelieder kennt man anderwärts.

Dann wird noch zum Abschied der Johannissegen getrunken. Sobald die Braut im Wagen sitzt (früher auf dem Pferde) so singen alle:


Shi ischt aufgashaßn, shi hat gashnupfazat, (geweint)
Shi ischt ahingaritn, shi hot gajucazat (gejauchzt).


In manchen Gegenden, so in Altlaag, ist es üblich, inmitten der lauten Hochzeitsfreuden innezuhalten und der verstorbenen Verwandten zu gedenken. Im Chore werden dann die wehmüthigen Lieder Nr. 38 bis 40 gesungen, in denen die abgeschiedenen Seelen von ihren Leiden erzählen, ihre Verlassenheit beklagen und um erlösende Gebete flehen. Alles ist zu Thränen gerührt. Diese schöne Sitte ist in anderen Formen auch bei den Siebenbürger Sachsen und bei den Ungarn gebräuchlich, und die Bayern lassen am Hochzeitstage Seelenmessen für die verstorbenen Verwandten lesen, besuchen deren Gräber u. ä. Auch in Oberösterreich werden abgeschiedenen Seelen Lieder in den Mund gelegt, worin sie von der Welt und den Menschen Abschied nehmen und um Gebet und Theilnahme bitten. (29. Linzer Museumsbericht, 144 und 146.)

Nach dem Hochzeitschmaus folgt der Tanz des jungen Volkes bis in die späte Nacht hinein. In der Brautkammer zieht der Bräutigam der Braut Schuhe und Strümpfe aus und von ihrem Haar löst jedwedes einen zusammengeflochtenen Zopf auf. Wenn er früher fertig ist, steht ein Sohn zu erwarten, wenn sie, ein Mädchen. Der Bräutigam wirft die Schuhe über den Kopf: stehen sie mit der Spitze der Thüre zu, so stirbt er vor der Frau, stehen sie dem Bette zu, so stirbt sie früher. (Ähnliches bei den Südslawen, vgl. Krauß in der Zeitschrift des Vereines fiir Volkskunde, 2, 183.)

Am nächsten Morgen kommen wieder die Verwandten und Freunde in das Haus des jungen Paares. Doch bringt jetzt jeder Gast selbst Speisen mit und in dieser Form des Picknicks geht nun die Schmauserei noch mehrere Tage, zuweilen eine Woche lang fort. Am Tage nach der Hochzeit führte man ehedem die Braut mit Spielleuten früh morgens zu einem Wasser, reichte ihr einen Krug Wein und drei Stücke Brot. Sie that einen Trunk und in jedes Stück einen Biss und warf das übrige in das Wasser.

Diese Hochzeitsbräuche stehen natürlich nicht in Gottschee allein da. Sie sind nur besondere Entwickelungen allgemein üblicher Formen. In manchen Einzelheiten sind sie den Bräuchen der Slowenen gleich. Auch bei diesen ist der Starasina der Veranstalter der ganzen Feierlichkeit. Statt der Braut werden am Hochzeitsmorgen zuerst im Scherz andere Frauen dem Bräutigam entgegengeschickt. Eine rothe Fahne wird (wie bei allen Südslawen) entrollt. Unter komischen Liedern wird beim Mahle für die Musiker und für die Brautleute gesammelt, die Hochzeit dauert mehrere Tage und wie ehemals in Gottschee findet eine Nachfeier beim Wasser statt. (Vgl. A. Grün, 150 ff.; Reinsberg-Düringsfeld, Hochzeitsbuch, 86-93; Österreichisch-ungarische Monarchie, 364-366; Slowenische Hochzeitslieder bei Blasnik, 1, 1-5, 3, 56-89.)

Doch die hervorstechendsten Theile des Hochzeitsfestes sind dem bayrischen Stamme gemeinsam, ja wohl auch allgemein arisch. Immer kommen die Gespielen der Braut, um ihr den Kranz zu winden und feierlich Abschied zu nehmen, überall gibt es einen Hochzeitsmeister und Lustigmacher, rothe oder bunte Bänder auf den Hüten, einen Wettlauf nach der Trauung, Mautschranken gegen den Hochzeitszug, eine scheinbare Entführung der Braut, das Einsammeln der Geschenke für die Brautleute unter scherzhaft verhüllenden Formen und das Trinken des Johannisweins. Doch die innige Verbindung dieser Bräuche mit den stimmungsvollen Hochzeitsliedern hat sich in dieser Vollkommenheit neben den Gottscheern und den Siebenbürger Sachsen wohl keine andere deutsche Landschaft bewahrt.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Leichenfeierlichkeiten


Manche alte Reste zeigen auch noch die Leichenfeierlichkeiten der Gottscheer. Ist ein Kranker dem Tode nahe, so wird ihm eine Sterbekerze entgegengehalten. Dadurch soll ihm das Sterben erleichtert werden; ein alter, überall bekannter Brauch. (Wuttke, 428.) Zwei Lieder (Nr. 36 und 37) berichten vom Sterben: "Wenn sie mir die Kerze werden halten, o Jesus, sei bei mir." Die weiteren Handlungen ergeben sich aus diesem Liede Nr. 36. Der Todte wird angezogen und auf eine Lade gelegt, dann in die Truhe verschlossen, ins Grab gesenkt und zuagariarat, d. h. mit Erde verschüttet. Im Liede Nr. 37 spricht der Sterbende: "Vater, haltet mir die Sterbekerze, denn ich muss scheiden." Auch von allen übrigen Angehörigen nimmt er Abschied mit den typischen Worten: "Im grünen Garten will ich Euch warten". Es gibt viele volksthümliche deutsche Sterbelieder und besonders häufig wird wie hier Jesus um Hilfe in der Sterbestunde angerufen.

Ferner ist es üblich, dass der Sterbende, nachdem er versehen wurde, das ganze Haus zusammenruft, allen gute Lehren gibt und als Johannissegen ein Glas Wein trinkt. Oft ist es vorgekommen, so noch im Jahre 1894 bei einem 93 jährigen Greise in Lienfeld, dass der Kranke unmittelbar nach dem Johannissegen starb. Bei der Beerdigung tragen in Gottschee alle Männer brennende Kerzen. Die Leichen Unverheirateter werden mit Kränzen von Zwergbuchs geschmückt.

Nach dem Begräbnisse findet im Hause des Verstorbenen oder im Gasthause auf Kosten der Hinterbliebenen das Leichenmahl (da shibmta) statt. Die Angehörigen und befreundeten Leidtragenden versammeln sich an einer langen Tafel. Der Messner vertheilt erst an die vor der Thür harrenden Armen und Kinder Brote, dann kehrt er in die Stube zurück und ruft: "da shibmta pagint". Nun sagt er einige Gebete her, zunächst für die Seele des Verstorbenen, dann für alle armen Seelen im Fegefeuer, für die Seele, die zunächst sterben wird, und für die ganze Freundschaft. Dann geht es ans Essen und Trinken. Auf dem Tisch befinden sich sieben Gattungen verschiedener Speisen, sieben große Brote (vier Weizen- und drei Hirsebrote) und eine entsprechende Menge Rothwein. Die Güte und Reichhaltigkeit der Gerichte hängt natürlich von den Verhältnissen der Hinterbliebenen ab, doch essen und trinken gewöhnlich die Gäste einige Stunden lang.

Die Leichenschmäuse, zweifellos ein Nachklang der alten Todtenopfer, waren im deutschen Mittelalter unter dem Namen "sibende" allgemein bekannt. Sie wurden meist eine Woche nach dem Begräbnis gefeiert. Heute sind in Bayern, Salzburg, Kärnten u. s.w. reichliche Todtenschmäuse, verbunden mit Gebeten für den Verstorbenen, allgemein üblich. In Bayern findet der Schmaus am siebenten, dreißigsten und am Jahrestage nach dem Tode statt, in Kärnten, Tirol und bei den Slowenen (wo der Brauch "sedmina" heißt) gewöhnlich wie in Gottschee gleich nach dem Begräbnisse. Der Name kommt wohl vom siebenten Tag, wenn auch heute diese Frist nicht mehr eingehalten wird.

Ebenso alt wie die Leichenschmäuse sind die Todtenklagen: improvisierte Trauergesänge an der Bahre des verstorbenen Verwandten oder Freundes. Bei den Völkern des Alterthums waren sie allgemein üblich, auch für die althochdeutsche Zeit sind sie nachgewiesen. Sie erhielten sich bis heute bei Naturvölkern und in Landstrichen, die von der modernen Cultur etwas abliegen. Bei den Finnen den Corsen, den Bocchesen, den Deutschen in Nordungarn den Siebenbürger Sachsen werden von bestellten Klageweibern oder von Frauen der Verwandtschaft in halb gesungenen, freien rhythmischen Versen der Lebensgang, das Wesen, die Todesart des eben Verstorbenen in blumenreicher Sprache, oft mit ergreifender, tragischer Ironie vor oder während des Begräbnisses geschildert.

Auch in Gottschee kommt ähnliches (freilich nur selten) noch vor. Ein geistlicher Herr erzählte mir, dass er vor einigen Jahren in Hornberg die Leiche eines Kindes zum Kirchhof geleitete. Nachdem das Kind ins Grab gesenkt worden war warf sich dessen Mutter auf den Boden, und das Antlitz ins Grab senkend begann sie eine freie Recitation. Jeden Vers mit Jau, jau (dem Wehrufe der Gottscheer) eröffnend, sang sie von dem holden, freundlichen Wesen des Kindes, von ihrer großen Liebe zu ihm, von dessen schwerer Krankheit, von dem Begräbnisse, und immer wieder "Jau, jau, nun liegst du im Grabe - jau, jau, und ich bleibe trauernd zurück".

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Hexenwahn


Die meisten abergläubischen Bräuche und Vorstellungen fließen aus dem Hexenwahn, an dem die Gottscheer überaus hartnäckig festhalten. Weihnachten ist, wie schon früher ausgeführt wurde, die hohe Zeit dieser Unheilstifterinnen. Da treten sie den Menschen am nächsten, bereiten den ärgsten Schaden, können aber auch am leichtesten erkannt werden. Die hexin (hexa bedeutet Irrlicht) gilt auch in Gottschee als Urheberin der Gewitter und besonders der Hagelschauer. Schon Valvasor erzählt, dass die Gottscheer im Unwetter nicht allein beten, sondern auch bewaffnet gegen das Hexengeschmeiß losgehen. (Valvasor, 2, 300: "Denn weil sie gleich anderen Krainern den Wahn gefasst haben, dass die Gewitter, zumal die schweren, von dem Hexengeschmeiße angerichtet werden, kommen ihrer etliche mit alten Kehrbesen, Mistgabeln und dergleichen Dorf- oder Hausarmaturen herausgeloffen, stoßen damit in die Luft dem Teufel und seinem Anhange zu Trutz, der Einbildung, er werde sammt seinen Hexen damit vertrieben."

Heute schießen sie mit zerstoßenen Kupfermünzen oder Schweinsborsten aus Mörsern, Gewehren und Pistolen gegen die Wetterwolke und vermeinen, getroffene Hexen herabfallen zu sehen. (Ebenso bei den Südslawen: Krauß, Südslawische Hexensagen, Mittheilungen der anthropolog. Gesellschaft, 14, 46.)
Von den Streifschüssen behalten diese dann die Triefaugen. Auch den Rauch von Attich können sie nicht vertragen und fliehen davor. Als Schutzmittel gegen die Hexen gilt auch ein bit (mhd. wit, Flechtreis), ausnahmsweise nach links gedreht und in der Westentasche aufbewahrt. Alte, triefäugige, einsam lebende Weiber werden gerne als Hexen betrachtet und jagen den Kindern heillosen Schrecken ein. Befinden sich aber die Kinder innerhalb des Hofzaunes, dann dürfen sie die vorübergehenden Hexen verspotten, hier kann ihnen nichts geschehen.

Im
Walde ist die Gefahr hingegen sehr groß. In Göttenitz, so erzählte man mir, wurde vor etwa vierzig Jahren ein Kind gesucht, das man im Walde schreien hörte. Sechs Tage lang forschten viele Personen danach, und obwohl es immer ganz nahe zu hören war, konnte man's nicht finden. Endlich erblickte man es todt. Die Hexen hatten es so lange behalten und den Blicken der Leute entzogen. Diese Weiber können auch Kühe verhexen, dass sie pashaichent (mhd. besihen) d. h. keine Milch geben. Die Hexe milkt dann ihre eigene Kuh und zwar an der Kette und erhält so die Milch der fremden. Der Brocken der Südslawen ist der Berg Klek bei Ogulin in Kroatien, ganz nahe der Sprachinsel. In Gottschee gelten mehrere freie Plätze als Hexentanzplätze. Bei einem solchen Platze in der Nähe von Altlaag gieng eines nachts ein junger Bursche vorbei und erkannte seine Mutter unter den Tanzenden: "Amo, seid Ihr auch dabei?" ruft er entsetzt. "Das wird dein und mein Unglück sein", gibt sie zur Antwort. Am nächsten Morgen fand man sie auf einer Linde erhängt und zwar so kunstvoll, dass der Henker aus Laibach geholt werden musste, um die Schlinge zu lösen. Der Sohn aber ward immer kränker und als er gestorben war, sah man, dass ihm das Herz fehlte. Es fand sich später im Heu.

Es ist ja bekannt, dass ähnliche Anschauungen von den Hexen allgemein in Deutschland verbreitet sind. (Vgl. Grimm, Mythologie,4, 873-912; Wuttke, Register, 475 f.; Zingerle, 59-68.) Auch bei den Slowenen haben sie sich noch erhalten. Valvasor, der selbst an die Hexen glaubte, erzählt mehrere krainische Hexengeschichten und betont, dass zu seiner Zeit besonders am Schneeberg, in Laas und Zirknitz, also in den Bergwildnissen um Gottschee, Hexen gehaust hätten, aber von den Ortsrichtern mit Feuer und Schwert vertilgt worden wären. (Valvasor, 2, 477; 1, 359 f. u.a.) Heute sind bei den Südslawen Hexensagen und Lieder in großer Zahl bekannt. (Krauß, Hexensagen, 14, 13-48 und besonders 28.)
Ein Gottscheer Hexenlied geht unmittelbar auf südslawische Vorlagen zurück. Es ist das Lied (Nr. 100) vom Sinik (slow. sinek = Söhnchen) Marko. Der Taufname Marcus ist in Krain sehr verbreitet. Es kann aber auch der Königssohn Marko, der Hauptheld des serbischen Volksgesanges damit gemeint sein. Marcus erzählt in diesem Liede, dass ihm in der Nacht auf einem hohen Berge wilde Weiber (Hexen) das Herz herausgerissen und gebraten haben. Es seien seine Mutter und seine Schwester gewesen, weswegen er ihnen die Hölle wünsche. Seine Schwägerin habe ihn dabei vertheidigt, darum wünsche er ihr die ewigen Freuden. So häufig kehrt es in Hexensagen wieder, dass dem Menschen gerade die nächsten Verwandten (besonders die Mutter) Schaden stiften. Dem Gottscheer Hexenliede kommen mehrere kroatische und slowenische Lieder ganz nahe. Der Sohn fühlt sich am Morgen unwohl, von der Mutter oder der Schwester befragt, was ihm begegnet sei, erwidert er, in der Nacht hätten ihm die Hexen das Herz herausgerissen: die Mutter, die Muhme und die Schwester oder das Liebchen. Nach anderen Fassungen hat die Schwester nur dazu geleuchtet, oder stand weinend abseits. Zur Strafe wünscht der Jüngling den Hexen einen peinvollen Tod, der Schwester, die ihn geschont, aber reichen Lohn.

Verwandt den Hexen ist die Teadin, eine Unheilbringerin, die auch die Kärntner und Deutschungarn kennen.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Waldfrauen, Riesen


Huldvoller sind die Waldfrauen (Vgl. Grimm, Mythologie, 4, 358 ff.) gesinnt, die sich aber wegen der Schlechtigkeit der Menschen immer mehr zurückziehen. Raucht es auf den Bergen, so sagt man in Gottschee, die Waldfrau (wra) kocht. In verschiedenen Orten halfen sie den Menschen in Noth und Bedrängnis, wurden aber um den Lohn betrogen und verschwanden. So gab man einer Waldfrau in Maierle statt des verlangten Weizenbrotes schlechtes Hirsebrot. In Rodine heilte eine Waldfrau viele Kranke und verlangte dafür saure Milch. Einmal wollte man sie hintergehen und reichte ihr sauren Wein. Sie merkte es natürlich und sprach: "Laitlain, bain ischt olr norhait wuatr, milich ischt olr tugnt muatr." (Leute, Wein ist aller Narrheit Vater, Milch ist aller Tugend Mutter.) Sie verschwand und ward nicht mehr gesehen. Einzelne bilda wragn wohnen in den Grotten, die darum wragnlechr heißen. In Pöllandl kommt zuweilen nach dem Schnitt die baiße wra mit zwei Gespielen singend ins Thal und holt sich ein paar Garben, mit denen sie wieder ins Gebirge verschwindet. Ihr Erscheinen erweckt Freude, denn es weissagt Fruchtbarkeit und Segen. (Schröer, 493. Über die weiße Frau in Kärnten und Tirol vgl. Zeitschrift für Mythologie, 4, 299; Zingerle, Sagen, 210.) Als baißa wra wird auch die Jungfrau Maria bezeichnet (vgl. Lied Nr. 68).

Von Riesen erzählt man ebenfalls in Gottschee. Die letzten lebten in Nesselthal, wo noch ein Brunnen steht, den sie erbaut haben. Als nun die Menschen auch dahin vordrangen und das Feld bebauten, da fragte ein Riesenmädchen: "Was thun diese Ameisen?" Ein altes Riesenweib aber antwortete: "Diese Ameisen werden uns alle noch vertreiben."

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Bilchmännchen

Mythische Wesen in Gottschee sind ferner der neckende aber auch Geld verleihende Berggeist schkratl (ahd. scrato), (Grimm, Mythologie, 4, 396-399.) auch in Kärnten und bei den Slowenen (skrat) namentlich im Triglavgebiete noch heute lebendig im Volksglauben, dann ein kleiner Hausgeist; pfinstokmandle (Donnerstagsmännchen). Dieses ist winzig klein und hat einen großen Hut (a huatats bintschigas wandle). Spinnt jemand an dem als heilig gehaltenen Donnerstag über 9 Uhr abends, so kommt es und zaridat da bikalain (verwirrt den Wickel). Ferner glaubt man an die truta (Trude), die das Alpdrücken verursacht und das pilichmandle, ein sehr gefürchtetes Gespenst. Das Bilchmännchen schreckt nachts die Bilchfänger. In Innerkrain tritt der Bilch namentlich in buchelreichen Jahren viel stärker auf, als irgend anderwärts. In den Herbstnächten fängt der Gottscheer, wie sein slowenischer Nachbar, in Holzfallen, die auf den Buchen hangen, Massen von Bilchen, deren Fell gut verkauft werden kann. Im flackernden Fackelschein, beim Schreien der Eule und Knarren der Zweige werden leicht Spukgestalten gesehen und gehört.

Oft erscheint das pilichmandle, stößt und schlägt die Fänger, äfft sie, indem es die Holzfallen zuklappt u. a. Werden zu viele Bilche gefangen, so erzürnt es, knallt dreimal mit der Peitsche und kein Thierchen wird mehr gesehen. Die Slowenen schreiben all diesen Schabernack dem Teufel zu, und Valvasor hat sogar den Teufel gezeichnet, wie er die Bilche nachts auf die Weide treibt. (Valvasor, l, 438.) Das Bilchmännchen der Gottscheer, das einen grünen Rock und eine rothe Feder auf dem Hut hat, ist natürlich mit dem Teufel verwandt.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Teufel


(Als grüner Jäger mit einer rothen Feder auf dem Hute erscheint der Teufel in Kärnten und in Tirol (vgl. Neue Carinthia, 1890, 130; Zingerle, 58). Im grünen Rocke mit einem Pferdefuße erscheint der Teufel im Märchen vom Bärenhäuter (Grimm, 101). In Schwaben gelegentlich als kleines grünes Männlein (Birlinger, 1344 f.). Vgl. auch Mannhardt, Baumcultus, 111, 117 f.)

Auch der Teufel hat in Gottschee, dem wilden Jäger gleich, eine grüne Kleidung und wird als der grüne Herr (griana hear, grianrokata hear) bezeichnet. In dieser Tracht holt er den bösen Müller, der sein gesegnetes Weib den Räubern verkaufen wollte (Lied Nr. 68); als grüner Herr steht er wartend am Bett des sterbenden Obristen (Nr. 16). Als krummer Schmied bedroht er in der Hölle die sündhafte Pfarrersköchin (Nr. 122), als grausamer Engel mit rauhen Füßen und brennendem Rachen erscheint er der sündigen Seele (Nr. 33). Ein Mädchen gieng mit dem grünen Herrn ein sündhaftes Verhältnis ein. Eines Tages war sie spurlos verschwunden. Auf dem Fußboden ihres Zimmers aber stand mit ihrem Blute geschrieben: Aier tochtr ischt in dr hela am podn. Dem Teufel werden auch feurige Lufterscheinungen (aup, Alp genannt) zugeschrieben. (Ficker in seinen Untersuchungen zur Erbenfolge der ostgermanischen Rechte, 2, § 513, und in den Mittheilungen des Institutes für österreichische Geschichtsforschung 14, 481-487)

An Orten, wo ein Unglück geschehen ist, errichtet man einen Schutthaufen (gruamoda, slow. grmada), damit der böse Dämon nicht herausfahren und neues Unheil anstiften könne.

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Rechtsbräuche


Schließlich wäre noch ein Wort über die Rechtsbräuche zu sagen, wenn auch die Nachforschungen hier nur ein negatives Ergebnis darbieten. Es haben sich weder mündliche noch schriftliche Reste eines alten volksthümlichen Gewohnheitsrechtes der Gottscheer erhalten, aus dem man für ihre Abstammung Schlüsse ziehen könnte, wie es etwa Ficker für die Siebenbürger Sachsen gemacht hat. Der Stadtrichter, die herrschaftlichen und die Ortsrichter richteten sich nach den staatlichen Vorschriften, also nach der Gerichtsordnung vom Jahre 1782, dem bürgerlichen Gesetzbuch von 1811 und dem Strafprocess vom Jahre 1803. Aber auch in den früheren Jahrhunderten erschienen viele kaiserliche Erlässe und Gewährsbriefe, die früh jede Spur jenes alten Volksrechtes verdrängten, das die Gottscheer bei der Einwanderung etwa mitgebracht haben. Von den Slowenen unterscheiden sich die Gottscheer dadurch, dass zwischen den Ehegatten durchwegs schon bei der Trauung die Gütergemeinschaft eingesetzt wird.

Die Frau ist die "Mitwirtin", die Mitbesitzerin des ganzen gemeinsamen Gutes. Dieses Verhältnis dürfte in dem Hausierhandel seine Begründung finden. Da der Mann ein halbes Jahr abwesend ist, wird es der Frau nur durch den Mitbesitz möglich, überhaupt in seiner Abwesenheit selbständig zu wirtschaften. Nur die den Gottscheern unmittelbar benachbarten Slowenen haben, so weit sie auch den Hausierhandel betreiben, diese Gütergemeinschaft angenommen. Sie ist sonst in ganz Krain unbekannt. Nach dem Miteigenthume des Weibes richtet sich auch zum Theil die Erbfolge. Die Regel ist in Gottschee, dass der überlebende Gatte schon nach dem Inhalte des gleichzeitig mit dem Ehevertrage errichteten Erbvertrages unter Wahrung der gesetzlichen Erbrechte der Kinder das Recht erhält, die ganze Verlassenschaft in natura zu übernehmen und den Kindern die entsprechenden Erbtheile auszuzahlen. Wo kein Testament vorliegt, strebt der überlebende Gatte immer mit den Kindern ein ähnliches Übereinkommen an. Dies ist auch sonst in Krain größtentheils üblich, weil die Bauerngüter sehr klein sind und aus wirtschaftlichen Gründen eine weitere Zerstückelung unter mehrere Kinder nicht zulässig erscheint. In der Regel geht die ganze Wirtschaft auf den ältesten Sohn über. Sterben die Eltern nicht früher, so übergeben sie ihm Haus und Hof und Felder, sobald er heiratet, mit Vorbehalt entsprechender Auszahlungen der übrigen Kinder und eines Ausgedinges an die Eltern. Doch das ist ja auch anderwärts üblich.

Auffallend aber ist es, dass im Gegensatz zu den Slowenen, wo häufig Verschwender unter Curatel gestellt werden müssen, sich jetzt kein einziger Gottscheer gerichtlich als Verschwender unter Curatel befindet. Bemerkenswert ist ferner, dass die Gottscheer im gewöhnlichen Leben drei Zeugen zur Beglaubigung ihrer Aussage anrufen und
dass sie bei neuen Grenzregelungen ihre Kinder zur Grenze mitnehmen und diese dort weidlich durchbläuen, damit sie sich die Grenze für alle Zeiten merken. (Ein uralter deutscher Brauch (Grimm, Rechtsalterthümer, 143 f., 546). Heute noch vielfach üblich (vgl. Zingerle, Nr. 1676. Birlinger, 2, 197 u. a.)

(Die Deutsche Sprachinsel Gottschee, Dr. Adolf Hauffen, 1895)







Ein Brauch am "Himmitokh" - Fronleichnamsbrauch


Aus verschiedenen Gewürz- und Wiesenkräutern: LiebstöckI, wilder Thymian ("Kremml"), Himmelschlüsselblume ("Shloikara"), werden kleine Kränzlein gebunden und während der Prozession den Kindern um die Hände gelegt. Diese Kränzlein werden getrocknet und aufbewahrt. Bei Krankheiten (Fieber) legt man ein geweihtes Kränzlein auf die Holzglut. Der Kranke muß den Rauch einatmen. Dies hat heilende Wirkung.

(Gottscheer Kochbuch, Kräuter und Gewürze, Prof. Horst Krauland, Erwin Michitsch, 1993)

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