Die erste alte Kirche im Gottscheer Gebiet, Josef Erker, Pfarrer in Mösel, 1930.


Die erste alte Kirche im Gottscheer Gebiet ist die Kirche in Mitterdorf. Diese bestand schon vor der Gottscheer Einwanderung und war eine Filialkirche der Pfarre Reifnitz. Die Gegend war wahrscheinlich zur Zeit der ersten Einwanderung der deutschen Kolonisten noch zum großen Teile Waldgebiet und nur schwach von Slowenen besiedelt. Daran erinnert noch heute das Dorf Windischdorf = Slovenska vas. Als nun die ersten deutschen Kolonisten nach Reifnitz kamen, wurden sie von der weltlichen und geistlichen Obrigkeit freundlich empfangen, ihnen alle nötigen Mittel und Werkzeuge für die Kultivierung des Rodungsgebietes übergeben, als welches ihnen die Gegend von Mitterdorf angewiesen wurde, weil hier noch viel Wald der Rodung harrte und hier wenigstens schon ein Gotteshaus, wenn auch nur ein Kirchlein, war, um welches sie sich siedeln konnten. Das Kirchlein war der Mutter Gottes geweiht, war eine Art Wallfahrtskirche und hatte deshalb für die Einwanderer eine besondere Anziehungskraft. Auch die tiefer ins Land gezogenen Kolonisten werden oft, gewiß aber zur Zeit der Abhaltung des Gottesdienstes und der Sakramentenspendung durch den Seelsorger aus Reifnitz zu diesem heiligen, altehrwürdigen Kirchlein gewallfahrtet haben. Es war der Mittelpunkt der ersten christlichen Gemeinde. Und das Dorf um das Kirchlein wurde Mitterdorf genannt.



Kirche in Mitterdorf


Die Kirche und auch Mitterdorf heißen seit urdenklichen Zeiten Altkirchen. Auch Valvasor nennt das Dorf Alt Kirchen. Valvasor zählt unter den Filialkirchen von Reifnitz zu Ehren der Mutter Gottes auf, die eine "Unser Frauen in Gottschee", nämlich in Altkirchen, die andere zu Maria Neustift bei Reifnitz. Beide Kirchen sind Maria Himmelfahrt geweiht. Valvasor schreibt von der zweiten Kirche: "Diese Kirche hat man vor wenigen Jahren erst aufgebaut. Vor dieser dürfte schon eine andere bestanden haben. Die Kirche in Mitterdorf und Mitterdorf selbst wurden Altkirchen genannt, im Gegensatze zur Kirche in Neustift, welche jüngeren Ursprunges ist und welche noch heute im Volksmunde "Neue Kirche" heißt.

In der Pfarrkirche Mitterdorf befindet sich noch heute eine uralte kleine Turmglocke, welche als Zügenglocke bei Sterbenden geläutet wird. Die Umschrift auf der Glocke ist trotz der großen Buchstaben ganz unleserlich und ist die Deutung des Schrifträtsels bisher auch den besten Schriftlesern noch nicht gelungen. Im 14. und 15. Jahrhunderte wurden viele Glocken wahrscheinlich aus absichtlicher Geheimtuerei mit solchen unleserlichen Umschriften gegossen. Der Sage nach haben die Einwanderer aus ihrer Urheimat dieses Glöcklein mitgenommen, um in der neuen Heimat gleich mit einem Kirchenglöcklein versehen zu sein.

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