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Gottscheer
in Australien
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Dale Str., Fairfield 2165 |
Die
Gottscheer in Australien, Otto Filipich, 1980
Unter den Ländern, welche nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Grenzen für
die vielen Millionen Flüchtlinge öffneten, die in Europa ihre
Heimatländer verlassen mußten, befand sich auch Australien. Die
"Terra Australis", der fünfte Kontinent am anderen Ende der
Welt, war sicher das unbekannteste und am weitesten entfernt liegende Einwanderungsland
für die Deutschsprechenden aus Europa. Doch auch das Abenteuer lockte
diese, und es kamen viele. Man kann behaupten, daß wahrscheinlich
Angehörige eines Großteils der verschiedenen Nationen Europas
zwischen 1945 und 1960 in diesen Kontinent kamen, darunter auch Gottscheer.
Freilich waren es nicht sehr viele; die meisten unserer Landsleute zog es
nach Amerika, denn in den USA oder in Kanada hatte man bereits Verwandte
und so Beziehungen, Australien war hingegen ein ganz neues Gebiet. Man schätzt,
daß nach dem Zweiten Weltkrieg so zwischen 100 bis 120 Gottscheer
hier ihre Heimat gefunden haben. Sie leben zum großen Teil in Neusüdwales
(Sydney, Newcastle, Wollangong), andere in Melbourne, Adelaide und Brisbane.
Obwohl die Landwirtschaft in Australien eine große Rolle spielt, war
es für die Gottscheer Bauern unmöglich, in diesem Berufszweig
unterzukommen; sie mußten in die Industrie bzw. ein Handwerk anpacken.
Gelernte Handwerker hatten es im übrigen am leichtesten, Fuß
zu fassen, auch die Geschäftsleute fanden sich, nachdem sie der Sprache
einigermaßen mächtig waren, bald zurecht. Völlig umstellen
mußten sich die Bauern bzw. die aus der Landwirtschaft kamen, aber
mit Fleiß und Zähigkeit schafften sie es.
Vor einiger Zeit berichtete die australische Presse über die Art der
Beschäftigung und den Verdienst der Angehörigen der verschiedenen
Nationalitäten, die nach Australien eingewandert waren. Bei diesem
Bericht fiel auf, daß die Mitglieder der deutschsprechenden Gruppen
durchwegs im Spitzenfeld zu finden sind und die höchste Zahl von Fachkräften
stellen. Es ist daher auch nicht verwunderlich, daß die australischen
Politiker, aber auch Wirtschaftsfachleute immer wieder auf den Beitrag hinweisen,
den die australische Wirtschaft, aber auch die australische Volkskultur
den Deutschstämmigen verdankt. Zu diesen gehört natürlich
auch die verhältnismäßig kleine Gruppe der Gottscheer, die
hier lebt. Die Gottscheer Gemeinschaft in der ganzen Welt kann auf ihre
Landsleute in Australien stolz sein, denn sie "haben es geschafft".
Alle besitzen ihr geregeltes Einkommen, haben ihr Haus, ihre Arbeit oder
sind schon im Ruhestand. Und ihre Kinder, seien sie nun als Kleinkinder
in dieses Land gekommen, seien sie bereits hier geboren, findet man in allen
Berufen, sie sind Facharbeiter, Geschäftsleute, Akademiker, auch Künstler.
Alle tragen somit zur Gottscheer Geschichte Positives bei, setzen die Tradition
fort und mehren den Ruhm dieses kleinen Völkleins, das, in der ganzen
Welt zerstreut, sich anschickt, die Feier des 650 Jahre währenden Bestandes
der verlorenen Heimat zu feiern.
Die Entfernungen bedingten es, aber auch die kleine Zahl von Landsleuten,
daß es bis jetzt keine Landsmannschaft oder einen landsmannschaftlichen
Zusammenschluß gegeben hatte. Vor vier Jahren organisierten einige
Frauen ein Treffen der Gottscheer - ein wagemutiges Unternehmen, das sofort
ein voller Erfolg wurde, kamen
doch an die 50 Landsleute! Seither trifft man einander Jahr für Jahr
im Monat Mai im Klubhaus der deutsch-österreichischen Gemeinschaft
in Sydney. Den anwesenden Nichtgottscheern wird an diesem Tag sofort bewußt
- nicht nur wegen, aber auch wegen der "Pobolitsn", des Harmonikaspielers,
vor allem aber wegen der ehrwürdigen Mundart -, daß sie es hier
mit einem Volksstamm zu tun haben, der überlieferte Kultur hegt und
die Verbundenheit mit der Heimat pflegt, die es in Wahrheit ja nicht mehr
gibt!
Gleich nach ihrer Einwanderung haben sich die Gottscheer den bestehenden
deutschen Vereinen angeschlossen, den Kirchenverbänden und anderen
Organisationen. Gemeinsam mit anderen Deutschsprechenden waren sie maßgeblich
an der Gründung neuer Zusammenschlüsse beteiligt, die sich der
Pflege des deutschen Volksliedes, deutscher Kultur und deutschen Brauchtums
verschrieben haben, es so erhalten und ihren Kindern weitervererben, eine
Tätigkeit, die zweifelsohne dazu beiträgt, eine glückliche
Zukunft in Gemeinschaft mit allen Gutwilligen aufzubauen.
Die in Australien lebenden Gottscheer sind stolz auf ihre 650jährige
Geschichte. Wenn auch weit entfernt von der ehemaligen Heimat, so fühlen
sie sich doch eng verbunden mit den Gottscheern, eingebettet in diese weltweite
Gemeinschaft. Einige von uns, die wir unter dem Kreuz des Südens leben,
werden das Jubiläum miterleben, die anderen werden in Gedanken dabeisein;
von allen aber ergehen die herzlichsten Glückwünsche zu diesem
stolzen Jubiläum eines kleinen, aber mutigen Völkleins.
(650 Jahre Gottschee, Festbuch 1980, Otto Filipich)
www.gottschee.de
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