Wilhelm Lampeter, SS-Sturmbannführer, Gottscheer Mannschaftsführer.
Lagebericht vom 17. 02. 1942 (01).




Adolf Hitler und der gottscheer Mannschaftsführer "Wilhelm Lampeter", Marburg / Maribor, 23.04.1941.  


Lagebericht (02).

Gegenwärtig darf die allgemeine Stimmung bei den Gottscheerdeutschen Siedlern, im Vergleich mit der Stimmung in der alten Heimat, als durchaus negativ bezeichnet werden. Die Enttäuschung, die sie im Reich erleben mussten, führten zu einer Niedergeschlagenheit und teils zu einer Gleichgültigkeit; nur wenige sind zuversichtlich und sagen sich, dieser Zustand im Ansiedlungsgebiet könne nicht von Dauer sein.

Die deutschen Umsiedler aus der Gottschee sind im gläubigem Vertrauen dem Rufe des Führers gefolgt. Sie glaubten ins Reich heimzukehren und hofften, endlich in das geordnete Leben des Reiches zu kommen. Aber gerade darin wurden sie vom ersten Tage ihres Eintreffens bitter enttäuscht. Während es in der alten Heimat auch bei der Aussiedlung vorzüglich klappte, merkten die Umsiedler im Reich schon am Ankunftsbahnhof das Gegenteil. Oft war der Empfang gerade nicht freundlich. Beim Abtransport des Umsiedlergutes geschah es häufig, dass dieses in eine ganz andere Gegend gefahren wurde, als es hingehörte. Ein Teil ging verloren, lag in irgendeinem Strassengraben und der Siedler musste selbst auf Suche gehen. Nur bei den ersten Transporten wurde das Umsiedlergut des einzelnen Umsiedlers zu seiner Wohnung hingestellt, später wurde es für ein Dorf oder eine ganze Gemeinde auf irgendeinem Dorfplatz abgeworfen.

Schon hierbei musste jeder einzelne Umsiedler feststellen, dass diese Organisation keine "deutsche" ist und eine Vorarbeit nicht genügend oder überhaupt nicht geleistet wurde. Er konnte ja den Vergleich mit drüben in der alten Heimat anstellen.

Obwohl in der alten Heimat auf die schlechten Häuser vorbereitet, drückten die zum Teil armen Hütten auf die Stimmung der Siedler. Besonders aber, wenn kein Brennmaterial vorhanden war oder ein zerstörter Sparherd und Ofen aufgefunden wurde. Eine Reihe von Familien hat heute noch keine Wohnung gefunden und haust oft bei einer anderen in einem Zimmer.

Einzelnen Siedlern wurde von Einsatzleuten als
sie mit irgend einem Anliegen zu ihnen kamen, unüberlegter Weise gesagt: "Warum seid ihr überhaupt gekommen? Warum seid ihr nicht geblieben wo ihr wart? Gute Deutsche kann man auch im Ausland brauchen!" Diese Äusserungen sprechen sich unter den Gottscheer Deutschen sehr herum und lassen das Gefühl aufkommen, dass sie als Eindringlinge gekommen und nicht vom Führer gerufen wären. Das Schlimmste ist, dass den Gottscheer deutschen Umsiedlern nicht gleich nach ihrem Eintreffen im Ansiedlungsgebiet die so notwendigen Aufklärungen in Form eines Merkblattes über die einzelnen Zuständigkeitsfragen, über den Ansiedlungsstab und ganz besonders über die DAG gegeben wurden. Der Umsiedler wusste also nicht, wohin er sich wegen Brennmaterial, Futtermittel oder Heizkörpern wenden soll, er wusste nicht, was die DAG ist und welches ihre Aufgaben sind. Er merkte nur, als er auf die Felder ging, um die nicht geernteten Feldfrüchte unter Dach zu bringen (Mais, Runkeln und Rüben) und ihm der Verwalter bezw. Oberverwalter der DAG erklärte: "Das ist Staatseigentum, hier habt ihr nichts zu suchen", dass es die DAG sei, die hierüber zu bestimmen hat. Die weitere Bekanntschaft mit der DAG machte er, als ihm erklärt wurde, dass sein mitgebrachtes Vieh nicht mehr ihm gehöre, sondern in die DAG-Bewirtschaftung übergehe. Bauern, die mit List ihre zwei Pferde mitgenommen hatten, erlebten, wenn sie für ein Privatunternehmen Eis gefahren haben und pro Tag 18,-- RM. Bezahlung erhielten, dass sie nur RM. 2,50 behalten durften und den Rest der DAG abzuführen hatten. Einzelne Bauern gingen her und verkauften ihre Pferde in Unkenntnis der Sachlage, weil sie sich sagten: "Soll ich mit meinem Pferde und meinem Schlitten für die DAG arbeiten?"

Ganz unvernünftig und unüberlegt wird die Stammesehre der Gottscheer Deutschen angegriffen. Psychologisch wirklich falsch, die Siedler damit vor den Kopf zu stoßen, wo sie hierin gerade jetzt überempfindlich sind. So am bunten Abend der Polizei, wo am Schluss der Vorstellung neben zwei zerlumpten Strassensängern der dritte in der vollkommenen historischen Gottscheer Volkstracht auftritt. Alle anwesenden Gottscheer Deutschen waren hierüber zutiefst empört. Dieses Vorkommnis auf den bunten Abenden in Gurkfeld und Rann erzählen sich unter allen Gottscheer weiter. Am gleichen Abend wurden mehrere Gottscheer, die jetzt in St. Leonhardt angesiedelt sind, unter ihnen auch der Sturmführer Franz Stiblei, von einem Deutschen angehalten und gefragt ob sie Gottscheer seien. Sie bejahten es. Der Zivilist darauf: "Schade, dass ich meine Pistole nicht mithabe, ich würde euch schon zeigen, was sprecht ihr eure Zigeunersprache!" (Damit war die alte, rein deutsche Gottscheer Mundart gemeint, die bisher jeden Germanisten zur Bewunderung gebracht hat.)

Im allgemeinen wird über die Volksgruppe nur abfällig gesprochen. Es wäre geradezu die Aufgabe des Ansiedlungsstabes gewesen, ein richtiges Bild von den Gottscheer Deutschen erstehen zu lassen und nicht, wie er es tat, den sachlichen Ergebnisbericht über die Durchschleusung im Sonderzug der EWZ am Erscheinen in der Tagespresse zu verhindern.

Auch heute noch besteht die Notwendigkeit, das aufklärende Merkblatt herauszugeben, da die in den letzten Wochen abgehaltenen Versammlungen eine ausreichende Aufklärung den Umsiedlern nicht gegeben haben. Ebenfalls wäre eine wahrheitsgetreue Charakterisierung der Gottscheer Deutschen in der Presse für die übrigen Bewohner des Gaues unbedingt erforderlich.

Bis heute fehlt auch jede Spur einer politischen Betreuung. Keine Zeitung und Zeitschriften kommen auf die Dörfer.

Durch die Ausschaltung der ehemaligen Volksgruppenführung aus der Arbeit und Absetzung von etwa zehn Sturmführern, darunter auch einige der besten, sind viele Gottscheer vor den Kopf gestoßen worden. Ihre sowieso schon großen inneren Zweifel wurden dadurch nur noch bestärkt. Sie sagen sich: "Die größten Idealisten, die Prediger Deutschlands und des Nationalsozialismus, werden im Reich abgesägt und an ihre Stelle kommen Männer, die früher die ärgsten Gegner der organisierten Volksgruppe waren." Es ist ganz außer Zweifel, dass das Vertrauen zur ehemaligen Volksgruppenführung sehr groß war und deshalb auch überall 90% aller Gottscheer Deutschen in allen Dingen begeistert mitgemacht haben. Im Augenblick fühlen sich die übrigen 10%, die in der alten Heimat abseits gestanden haben, sehr wohl.

Im Grossen und Ganzen wird die Schuld des Versagens der Arbeit im Ansiedlungsstab der ehemaligen Volksgruppenführung zugeschoben, ja sogar die Meinung, dass überhaupt nur auf deren Andrängen die Umsiedlung jetzt durchgeführt wurde, wird unter den Siedlern herumgesprochen. Dies vor allem ist die Ursache, dass bei den Umsiedlern das Vertrauen zu ihrer einstigen Führung im Augenblick gesunken ist und einzelne ihr schweres Los ihr allein vorwerfen.

Allgemein wird auch verbreitet, dass die einstige Führung drei Möglichkeiten zur Wahl hatte:

1. Autonomie unter Italien
2. Anschluss der Gottschee an Kroatien bei Sicherung derselben Rechte wie für die übrigen Volksdeutschen in diesem Staate.
3. Umsiedlung in das Reich.

Für die dritte Möglichkeit hätte sich die Volksgruppenführung entschlossen. Von einem Vertrauen zum Ansiedlungsstab kann nicht die Rede sein. In einzelnen Fällen, bei denen die Zuweisung einer besseren Wohnung möglich gewesen wäre, wurde dies nicht getan. Einzelne Familien wiederum haben noch überhaupt keine Wohnung. Werden die Sturmmänner zu einer Versammlung eingerufen, kommt der Redner oft nicht und sie werden nach einigen Stunden Wartens wieder nach Hause geschickt. Kommen sie das nächste Mal wieder, wenn sie gerufen werden, so mehr aus Angst, bei der endgültigen Hofzuweisung nicht durch ein Fernbleiben geschädigt zu werden. Aus innerer Überzeugung und Pflichtgefühl kommt keiner, wie sie früher zum regelmäßigen Dienst und zu außerordentlichen Veranstaltungen erschienen sind.



Gottscheer Nationalsozialisten, v.l.n.r.: Fotograf Josef Dornig, Uhrmacher Konrad Rom, Kaufmann Albert Hönigmann und Franz Fink aus Atlag.


Besonders negativ beeindruckt die einstigen Aktivisten die Tatsache, dass die reaktionären Kreise und die wenigen moralisch verkommenen Frauenspersonen aus der Stadt Gottschee von Angehörigen des Ansiedlungsstabes des öfteren privat besucht werden. So wurde zum Beispiel Frau Ellinor Urek mit ihrer Mutter, Frau Rom, in der besten Wohnung des Ansiedlungsgebietes untergebracht. Frau Urek war mit einem bewussten Nationalslowenen verheiratet, ließ sich aus Privatgründen scheiden. Als die Italiener Gottschee besetzten, ließ sie ihren deutschen Verlobten, den sie sich inzwischen aufgegabelt hatte, stehen und verlobte sich mit einem italienischen Offizier. Dieser wohnte bei ihr. Zwei ihrer Onkel endeten im Narrenhaus, einer verübte Selbstmord. Bis knapp vor Schluss der Umsiedlung wollte sie nicht mit und betrieb die gehässigste Propaganda gegen diese. Die Reaktionäre Robert Ganselmayer, Dr. Hans Arko erfreuen sich der besonderen Gunst des Ansiedlungsstabes. Man will sogar den spießbürgerlichen Ambitionen zuliebe den liberalen "Gottscheer Gesangverein" wieder zum Leben erwecken. Die Führung dieses Vereins soll natürlich Dr. Arko übernehmen. Die wegen ihrer Leichtlebigkeit bekannt, aber erblich nicht so belastet wie Frau Urek, Frl. Paula Eppich und Martha Hönigmann, werden ebenfalls wie diese gegenüber den Anständigen bevorzugt. Eine wirkliche Menschenführung und Betreuung der Umsiedler ist gerade jetzt dringend notwendig. Der Ansiedlungsstab kann dies nicht machen, weil der Mann dazu fehlt.

Die Gottscheer Umsiedler sitzen jetzt mehr in den Gaststätten als sie es jemals getan hatten. Der Grund liegt darin, dass sie sich daheim in der schlechten Wohnung nicht wohl fühlen, dass sie zum Teil keine richtige Beschäftigung haben und beim Kartenspielen am leichtesten über den Kummer hinwegzukommen glauben. Diese so vertane Zeit der Wintermonate hätte besser für die dringend notwendige landwirtschaftliche Umschulung ausgenutzt werden müssen, wie es dem Ansiedlungsstab wiederholt vorgeschlagen wurde. Auch jetzt sollte man mit zwei- oder dreiwöchigen landwirtschaftlichen Kursen beginnen, an denen auch weltanschauliche Fragen behandelt werden müssen, um die Gottscheer Bauern aus der Lethargie zu reißen, in die sie durch die vorgefundene Misswirtschaft bei der DAG gedrängt wurden. Wie niederschmetternd es auf einen Bauern wirken muss, wenn er sieht, wie die bereits knappen Futtervorräte verschleudert werden, was mit wenigen Ausnahmen überall der Fall war, kann ein Städter kaum ermessen. (In Oberobresch haben die Schweine mehr Mais in den Mist getreten, als ein Durchschnittsbauer in der Gottschee jährlich geerntet hatte. Einzelne, Walter Mausser Stuf. XVII. sah, wie Weizen an die Schweine verfüttert wird. Davon können alle Siedler ein Gleiches erzählen.)

Sehr bedrückend wirkt auf die Gottscheer der Umstand, dass sie auch noch hier im Reich slowenischen Gendarmen ausgesetzt sind. So wurde der Bruder des Sturmführers XI, Skiber, zwei Stunden lang in Kreuzverhör von zwei slowenischen Gendarmen genommen, in einzelnen Fällen wurden Umsiedler von slowenischen Gendarmen in deutscher Uniform gezwungen, mit ihnen slowenisch zu sprechen, der deutsche Gruß wird mit "Dober dan" beantwortet. Das Vorgehen gegen den Sturmführer XIX, Franz Maichin und die zwei Bauern Spreitzer und Troje, die zu 14 Tagen Kerker verurteilt wurden, weil sie aus einem offenstehenden Weinkeller einige Liter Wein holten, aus dem sich slowenische Knechte der DAG unbestraft ganz andere Mengen geholt hatten, rief eine tiefe Empörung des Sturmes XIX hervor. Grundanständige und vorbildliche deutsche Männer werden zu Dieben gestempelt, was sie niemals waren noch sein werden.

Grosse Besorgnis besteht bei den Siedlern noch wegen der endgültigen Hofzuweisung, weil sie wissen, dass von den Umsiedlern keiner hierbei mitredet, zu dem sie das Vertrauen haben, der Menschen und das zurückgelassene Vermögen genauest kennt. Viele sind der Meinung, dass jener am besten ankommen wird, der gut und viel reden kann und der anständige und stille im Nachteil bleibt. Aus den gemachten Erfahrungen fehlt aber zum Ansiedlungsstab das Vertrauen, wenngleich sich laut darüber zu äußern nur wenige getrauen. Dringend erforderlich ist die Einsetzung einer wirklichen Führung. Diese muss die Probleme sehen und sich das Vertrauen der Siedler erwerben. Heute muss festgestellt werden, dass die Gottscheer deutsche Volksgruppe nach einigen Wochen reichsdeutschen Daseins um ihre ganze Haltung gebracht wurde, die ihr 600 jähriges Aushalten mitten unter den Slowenen bedingte. Alles, was vom Ansiedlungsstab vorbildlich durchgeführt wurde, war die totale Zerschlagung einer in der Geschichte des Volksdeutschtums sicher seltenen Organisation und Vernichtung des so wertvollen mitgebrachten Gutes: Des Idealismus der Einsatzbereitschaft und der Opferfreudigkeit. Und dies stellt eine Belastung des Glaubens an Deutschland dar.



Anmerkungen:

01) 1. Januar 2003, Gerd Simon. In den hier wiedergebenen, bisher unveröffentlichten drei Texten geht es um Vorgeschichte und Geschichte der Umsiedlung der Gottscheer. Diese Dokumente aus der Feder eines überzeugten Gottscheer Nationalsozialisten kann man als repräsentativ für die Umsiedlungen im 3. Reich bewerten, wiewohl die einzelnen Umsiedlungsaktionen sich deutlich von Region zu Region unterscheiden. Zur Biographie hier nur, dass sich Himmler - möglicherweise sogar auf Grund der hier wiedergegebenen Texte - eine spätere Verwendung des Verfassers Lampeter (*22.01.1916) vorbehalten hatte. Wir finden ihn in der Folgezeit in einer SS-Einheit in Buchenwald. Am 1.1.1945 wird er ins SS-Hauptamt versetzt. Nach dem 2. Weltkrieg war er nichtsdestoweniger preisgekrönter Professor für Agrarwissenschaft in der DDR. (Einen kurzen Hinweis auf den Fall Lampeter gab bereits die - was die historische Methode angeht - an sich defiziente Arbeit von Kappelt, Olaf: Die Entnazifizierung in der SBZ sowie die Rolle und der Einfluß ehemaliger Nationalsozialisten in der DDR als ein soziologisches Phänomen. Diss. Würzburg. Hamburg 1997, 139f.

Wer mehr wissen will vor allem über den Abtransport der Gottscheer Juden ins KZ sei verwiesen auf die Homepage: http://www.gottschee.de/Dateien/Absiedlung/Web%20Deutsch/EWZ/ewzabsiedlung.htm)


02) Lagebericht W.L., 17.02.1942 - BA NS 21/160 + 820 + Slg Schumacher 343.


www.gottschee.de